11.11.2025
Ich komme gerade von meiner manuellen Therapieeinheit und entscheide mich, auf den Michaelsberg zu fahren und dort eine Runde spazieren zu gehen. Ich bin ein paar Meter gegangen und spüre schon wieder Gottes Gegenwart. Die Weinreben – ich denke an die Bibel, an das, was er darüber sagt: den Weinstock, die Natur, die Bäume, die Vögel. Ich bin wieder fasziniert und voll in seinem Bann. Und dann lasse ich euch noch einmal anschauen, wie sich das auf mich auswirkt.
Eigentlich möchte ich gar nichts sprechen, weil ich versuche, den Duft Gottes einzufangen. Weil ich versuche, durch seine Augen zu sehen. Nein, ich versuche es nicht. Ich rieche ihn. Ich sehe ihn. Ich sehe in jedem kleinsten Detail seiner Schöpfung die wunderbare Schönheit.
Dieser unglaublich eindringliche, liebliche Duft, der in meine Nase weht – wahrscheinlich noch etwas unterstützt vom Wind –, die Vögel, die zwitschern, und die Blätter, die sich langsam von den Bäumen auf den Boden hinabbewegen. Ich atme ein, und mein Grinsen erstreckt sich von einem Ohr zum anderen, während ich alles mit einer ganz neuen Herrlichkeit sehe. Die Sonne blinzelt mir durch die Äste entgegen, und die Vögel zwitschern.
Der wunderschöne Blick, der sich vor mir erstreckt, weil ich mich kurz umgedreht habe auf meinem Spaziergang. Ich sehe durch ein Tor hindurch. Ich bin auf die andere Seite eines anderen Waldes, auf einen anderen Hügel geraten. Und es fällt ein Blatt.
Ein Blatt, das nur ich in diesem Moment gesehen habe.
Ein Radfahrer tritt in die Pedale und radelt an mir vorbei, grüßt mich mit einem netten „Hallo“, und dieser wunderbare, durchdringende, süßliche Duft steigt weiter in meine Riechsinne.
Ich versuche, den Duft zu deuten. Ich nehme an, es ist heruntergefallenes Obst, das langsam auf dem Boden kompostiert und diesen unglaublich süßlichen Geruch in meine Nase trägt.
Eine Mischung aus dem Duft des herabgefallenen Laubs, vermengt mit den Düften der Halme, Gräser und Sträucher. Ich bin überwältigt von der wunderbaren Schönheit Gottes.
Ich atme ein und wieder aus. Ich atme ein und wieder aus.
Es ist ein Moment der göttlichen Vollkommenheit: den Wind zu beobachten, wie er die Blätter bewegt, wie er manche Blätter von den Bäumen weht, wie er an den Ästen der Sträucher zupft, die neben mir stehen, und die Sonne, die mich von links anblinzelt.
Der Wegesabschnitt, auf dem ich mich befinde, liegt leicht im Schatten. Wenn ich mich aber umdrehe und durch den Bogen der Natur auf die andere Seite zum anderen Wald blicke, sehe ich diesen Weg dort von der Sonne bestrahlt.
Vor mir erstreckt sich schon ein gelb leuchtendes Feld. Die Sonne steht jetzt zu meiner Rechten und scheint mir direkt ins Gesicht. Ein Novembertag fast wie ein goldener Oktobertag. Vielleicht wird auch der November ein goldener November. Und vor mir dieses wunderschöne Feld, das gelb glitzert.
Über mir singen die Krähen und drehen ihre Runden, sammeln ihre Nüsse. Fast jede Krähe, die ich in den letzten Wochen gesehen habe und die über mir hinweggeflogen ist, hatte etwas im Schnabel.
Die Vögel fliegen wild um die drei nebeneinander aufgestellten Bäume, die sich vor mir am oberen Teil des Weges auf dem Hügel aufbäumen.
Als ob sie miteinander kommunizieren und sagen: „Hier, flieg hier lang, hier gibt es noch was zum Aufpicken.“ Und der andere schreit: „Nein, komm hier rüber auf diesen Baum, hier ist es richtig gemütlich.“
Dort oben erblicke ich schon die Bank, die mir ein Gefühl von Ruhe, Ausruhen, Hinsetzen und Loslassen gibt. Ob ich mich daraufsetzen werde, weiß ich noch nicht. Gerade fällt ein Blatt ins Feld hinter die Brennnesselsträucher, und ich bin immer noch überwältigt. Die Vögel ziehen ihre Kreise über dem Feld, und die Sonne scheint immer stärker durch die Wolken hindurch.
Es ist noch gar nicht so spät am Morgen. Es ist erst kurz nach zehn, und ich darf jetzt schon diesen wunderschönen Weg gehen.
Ich entschließe mich, mich doch auf die Bank zu setzen.
Ich bin diesen Weg schon dutzende Male gegangen und habe mich noch nie auf diese Bank gesetzt. Heute werde ich es tun. Und siehe da: Es ist wirklich eine wunderbare Sonnenaufgangsbank, denn genau hier strahlt die Sonne über mir und bahnt sich hier ihren Weg.
Ich schlendere vorbei an meinem Hochsitz, von dem ich schon des Öfteren auf die Felder geblickt habe. Mein Feld, das normalerweise bestückt ist mit Tausenden von Maiskolben, ist gerade leer. Aber der Anblick ist nicht weniger schön.
Vom unteren Teil des Weges, wo ich diesen tiefen Duft eingeatmet habe, trägt der Wind mir diesen Duft weiter entgegen. Ich gehe den Hang hinauf; der Wind treibt den süßlichen Duft von unten nach oben in meine Nase, vermengt mit den anderen Düften, die ich unterwegs wahrgenommen habe. Es ist wirklich wie ein kleiner Duftcocktail.
Schade, dass ich ihn nicht in einem kleinen Behälter einfangen kann, um daraus ein Parfüm zu machen. Wahrscheinlich werde ich ihn aber irgendwann aus meiner Erinnerung wiederriechen können.
Ich gehe weiter, und der Duft wird etwas leichter, sanfter, weicher – es riecht mehr nach feuchtem Gras, das sich mit dem feuchten Laub und dem Duft des Laubes vermengt.
Meine Seele ist frei; deswegen kann ich diese Natur und diese Schönheit unfiltriert aufnehmen.
Der Boden vor mir weist einige Risse auf – eine Art Zerbruch.
Wenn ich aber weiter über das Feld blicke, hinüber zu den Bäumen, dann fühlt es sich an, als ob sich alles wieder zusammenfügt, heilt und Natur, Tier und Mensch im Einklang miteinander leben.
Am liebsten würde ich euch mitnehmen. Am liebsten würde ich euch alles, was ich hier schreibe, mit dem Klang meiner Stimme vermitteln – mit den Augen, mit den Eindrücken, mit den Gerüchen, mit allem, was ich hier wahrnehmen kann. Doch ich hoffe, dass auch allein die Worte euch beflügeln werden.
Beseelt vom Duft und vom Wind, vom Rauschen der Blätter und vom Glanz der Sonne werde ich jetzt meinen Weg weitergehen.









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